Startseite
Uebersichtsartikel 2001
Uebersichtsbrief 2005
Erreichtes bis 1998
     
 


Hans-Joachim Böhm (Gemeinderat)   78266 Büsingen, den 01.01.1998      File: GR29

 

Büsinger Probleme - Steuern, Renten, Telefon, Staatsvertrag usw.

Bis heute erreichte Lösungen und Teillösungen im Bereich Einkommensteuer und Rente.

 

1  Steuer für die Differenz zwischen Devisenkurs und tatsächlicher Kaufkraft

    in der Schweiz und in Deutschland.                          (Sowie die Rentenfrage).

    Nach § 3, Nr.64 des deutschen Einkommensteuergesetzes (EStG) ist sie steuerfrei.

 

Aus Gemeindebrief Nr.5/1980 vom 20. August 1980:

„Für das Jahr 1978 - Für Frankeneinkünfte der Büsinger Bürger wird der Umrechnungskurs für 100 Sfr. statt mit 112,50 DM nur mit 109 DM angesetzt. Bei mittleren und unteren Einkommensbeziehern wird dieser Umrechnungskurs auf 106 DM gesenkt.

Beziehen Büsinger Bürger Lohneinkünfte in Deutscher Mark, so wird aus Billigkeitsgründen ein steuerfreier Abschlag in Höhe von 10 % dieser DM-Einkünfte gewährt.“

„Für das Jahr 1979 - Der allgemeine durchschnittliche Umrechnungskurs wurde amtlich mit 108 DM für 100 Sfrs. festgesetzt. Ähnlich der Regelung für 1978 wird für alle Bezüger von unteren und mittleren Frankeneinkünften ein Umrechnungskurs von 105 DM für 100 Sfrs. festgesetzt.

Beziehen Büsinger Bürger Lohneinkünfte in Deutscher Mark, so wird aus Billigkeitsgründen ein steuerfreier Abschlag in Höhe von 5 % dieser DM-Einkünfte gewährt.“

„Diese Billigkeitsregelung für die Jahre 1978 und 1979 ist allerdings beschränkt auf untere und mittlere Einkommensbezieher, wenn das zu versteuernde Einkommen bei Alleinverdienenden 24.000.-- DM und bei Verheirateten zusammen 48.000.-- DM nicht übersteigt.“

Aus Schreiben des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister der Finanzen, Dr. Rolf Böhme, von 13. Dezember 1979:

„Den in Büsingen wohnenden deutschen Beamten wurde ein steuerfreier Kaufkraftausgleich in Höhe von 30,4 % der Bezüge gewährt.“ - bezog sich auf 1978.

Aus Gemeindebrief Nr.7/1978 vom 12.12.1978:

Kursverluste der Rentenempfänger - Der Ministerrat von Baden-Württemberg hat beschlossen, daß für Empfänger von Renten und Sozialleistungen mit Lohnersatzfunktion in der Gemeinde Büsingen ein angemessener Härteausgleich für Einbussen gewährt wird, die infolge des Kursanstieges des Schweizerfrankens eingetreten sind. Der Kursverlust beträgt im Jahre 1978 durchschnittlich 13 %. Die Auszahlung dieser Kursverluste wird noch im Laufe des Monats Dezember 1978 durch das Bürgermeisteramt erfolgen.“

Aus Südkurier vom 5.April 1983 gemäß Auskunft von Herrn Bürgermeister Weiß:

„Damals zahlte das Land Baden-Württemberg den Rentnern einen einmaligen Härteausgleich von    13 %, insgesamt 28 000 Mark für 125 Rentner.

Aus Schreiben des Bundesministers der Finanzen, unterzeichnet von Herrn Dr. Stäuber, vom 2.Juli 1984 - an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages, zur Petition Hans-Joachim Böhm,

Pet 2-10-08-6110-2542:

„Ich habe mich entschlossen, mit Wirkung vom 1.Januar 1983 den Büsingern in Form der Zulassung eines steuerlichen Freibetrages entgegenzukommen. Dieser soll bei Ledigen 20 % des auf 10.000 DM, bei Verheirateten 20 % des auf 20.000 DM begrenzten Einkommens betragen. Für Kinder erhöhen sich diese Beträge je Kind um 20 % von 3.000 DM:“

Kommentar der Vorsitzenden des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages, Frau Lieselotte Berger, vom 18.Juli 1984: „Danach haben Sie für sich und die Büsinger Bürger wenigstens einen beachtlichen Teilerfolg erzielt, über den ich mich freue.“

Aus der Niederschrift über die siebente Sitzung der Gemischten Kommission für Büsingen, 04.Juli 1994: „Die Kommission empfiehlt den zuständigen deutschen Finanzbehörden erneut, die Frage zu überprüfen und dabei zu überlegen, ob die zur Anwendung gelangenden Freibeträge verdoppelt werden können. Sie bittet die zuständigen Finanzbehörden zudem, in begründeten Einzelfällen den zur Verfügung stehenden Ermessensspielraum voll auszuschöpfen.“

Am 26.April 1995 teilte das Finanzministerium Baden-Württemberg mit: „...dass das Bundesministerium der Finanzen einer Verdoppelung der Einkommensgrenzen für die Berechnung des „Büsinger Freibetrags“ zugestimmt hat. Danach wird den Büsingern mit Hauptwohnsitz in Büsingen unter dem Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs ein Freibetrag gewährt, der 20 v.H. des zu versteuernden Einkommens, jedoch nicht mehr als 20 v.H. von nunmehr 20.000 DM bei Ledigen und von 40.000 DM bei Verheirateten beträgt. Für jedes Kind erhöht sich die Bemessungsgrundlage um 6.000 DM. Die Regelung ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 1994 anzuwenden.“

Das zustimmende Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen wurde von Herrn Ministerialdirektor Forst, Leiter der Abteilung IV (Besitz und Verkehrssteuern), unterzeichnet.

 
2  Steuer für den Arbeitgeberanteil zur Altersvorsorge,

    der entsprechend § 3, Nr.62 (EStG) steuerfrei ist.

     Ebenso sind sie in der Schweiz steuerfrei nach Artikel 34 der Schweizer Bundesverfassung.

 Die Besteuerung des Arbeitgeberanteiles zur Altersvorsorge wurde in meinem Fall am 1.August 1968 vom Finanzamt Singen, rückwirkend ab 1966, eingeführt. Finanzminister zu dieser Zeit war in Stuttgart Herr Robert Gleichauf und in Bonn  Herr Franz Josef Strauss. Durch Gerichtsurteile, BFH, vom 16.Mai 1975 (BStBL. 1975 II S.642) und 1976 VI R 70/73, wurden auch andere Finanzämter zu einer solchen Vorgehensweise gezwungen. Da schon ein rechtskräftiger Steuerbescheid vorlag, wurde eine Berichtigung gem. § 222 Abs. 1 Ziffer 1 AO mit folgendem Text vom Finanzamt Singen gewählt:

„Seit Ihrer Aufnahme in der Pensionskasse ... leistet auch der Arbeitgeber zu Ihren Gunsten erhebliche Beiträge in diese Kasse. Diese vom Arbeitgeber für die Zukunftssicherung geleisteten Beiträge - vermindert um 312.- DM pro Jahr - sind steuerpflichtiger Arbeitslohn. Dieselben Beiträge stellen zwar andererseits Sonderausgaben dar; da jedoch diese Sonderausgaben nur im Rahmen der Höchstbeiträge abzugsfähig sind, wirken sie sich nur zum Teil aus, sodass es zu den in den Steuerbescheiden ausgewiesenen Nachzahlungen kommt.“

Am 25.Okt. 1979 teilte der Leiter des Finanzamtes Singen, Herr Regierungsdirektor Dr. Jansen, mit:

„In Bezug auf die Besteuerung der Arbeitgeberbeiträge zu den schweizerischen Pensionskassen möchte ich zunächst darauf hinweisen, dass Artikel 2 des Gesetzes zur Änderung des Entwicklungsländer-Steuergesetzes und des Einkommensteuergesetzes vom 21.Mai 1979 (Bundessteuerblatt I Seite 558 in der Tat vorsieht, dass Beiträge ausländischer Arbeitgeber von Grenzgängern zu einer betriebseigenen Pensionskasse nicht mehr steuerpflichtig sind. Diese gesetzliche Regelung hat Wirkung ab 1.Januar 1978.“

Tatsächlich mußte aber der Arbeitgeberanteil zur Pensionskasse auch nach 1978 weiterhin als Einkommen weitgehend versteuert werden. In meinem Einzelfall als Beispiel aus den Urteilen des

Finanzgerichtes Baden-Württemberg:  Jahr    1980                 1981                 1982

Steuerfreier APK Arbeitgeberanteil    in DM     1314                 1099                 1090

Steuerpflichtiger APK Arbeitgeberanteil in DM  4727                 6418                 6598

 

3  Steuer für den vergleichbaren Arbeitgeberanteil zur Krankenkasse,

    der entsprechend § 3, Nr.62 (EStG) steuerfrei ist.

 
Dazu teilte der Finanzminister des Landes Baden-Württemberg, Herr R. Gleichauf, am 30.11.1979 mit:

„Herr Böhm hat in seinem Schreiben auch die Beiträge zur Arbeitslosen- und Krankenversicherung angesprochen. Auch hierzu nehme ich gerne Stellung. (Arbeitslosenversicherung  siehe  4) Eine andere Rechtslage besteht bei der Krankenversicherung. Da der Grenzgänger weder krankenversicherungspflichtig noch der Arbeitgeber gesetzlich zu einer Zuschussleistung verpflichtet ist, können die Krankenkassenbeiträge, auch soweit sie der Arbeitgeber leistet, nicht als steuerfrei behandelt werden(§3 Nr. 62 EStG). Die Krankenkassenbeiträge können deshalb nur im Rahmen der Sonderausgabenhöchstbeträge steuerlich berücksichtigt werden. Zu einer dem Arbeitgeber-Anteil zu den Pensionskassenbeiträgen entsprechenden Regelung, wie sie auch von mir begrüßt worden wäre, konnte sich der Gesetzgeber leider nicht entschließen, weil sonst auch in anderen Fällen Krankenkassenbeiträge steuerlich außerhalb der Begünstigung als Sonderausgaben hätten berücksichtigt werden müssen.“

 

4  Steuer für den vergleichbaren Arbeitgeberanteil zur Arbeitslosenversicherung,

    der entsprechend § 3, Nr.62 (EStG) steuerfrei ist.


Dazu teilte der Finanzminister des Landes Baden-Württemberg, Herr R. Gleichauf, am 30.11.1979 mit:

„Die Beiträge zur deutschen Arbeitslosenversicherung sind Pflichtbeiträge. Allerdings besteht für den ausländischen Arbeitgeber keine Verpflichtung, einen Teil der Beiträge zu übernehmen. Aus diesem Grunde sind die Beiträge auch insoweit , als sie sonst vom (inländischen) Arbeitgeber zu leisten sind, nicht steuerbefreit.“

Gemäß den Urteilen des Finanzgerichtes Baden-Württemberg wurden für 1980/81/82 die steuerpflichtigen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung um 50 v.H. vermindert.

 

5  Der Beitrag der Arbeitslosenversicherung als solches

     Büsinger mussten doppelte Beiträge zahlen und erhielten keine Leistungen aus der Versicherung.

 Aus Schreiben des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung, ohne Unterschrift, vermutlich verfasst von Herrn Ministerialrat Dr. Hartmut Leder, vom 21.März 1983 - an den Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages, zur Petition Hans-Joachim Böhm, Pet 4-16-815-26623:

„Zu den arbeitslosenversicherungsrechtlichen Fragen nehme ich wie folgt Stellung : Für Arbeitnehmer, die in der deutschen Exklave Büsingen am Hochrhein wohnen und die in der Schweiz beschäftigt sind, gilt das deutsch-schweizerische Übereinkommen über die Arbeitslosenversicherung der Grenzgänger vom 4.Februar 1928 (RGBl. II S.311). Nach diesem Übereinkommen unterstehen Grenzgänger hinsichtlich der Arbeitslosenversicherung den Rechtsvorschriften desjenigen Staates, in dem sie wohnen. Hierzu bestimmt die Vierte Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 18.April 1958 (BDBl. I S. 304), die gemäß §242, Abs.28 und 41 des Arbeitsförderungsgesetzes weiterhin gilt, dass Grenzgänger die vollen Beiträge, das sind die Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge, allein zu tragen haben.“

Zur Arbeitslosenversicherung - Abkommen mit der Schweiz - schickte mir Herr Ministerialrat Dr. Hartmut Leder seine Veröffentlichung im Bundesarbeitsblatt 3/1983 S.21-24 zur Problematik, in der er unter anderem schreibt: „Im geltenden Recht der Arbeitslosenversicherung sind Arbeitnehmer, die in Büsingen wohnen , sehr benachteiligt. Wenn sie in Büsingen beschäftigt werden, zahlen sie und ihre Arbeitgeber Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit in Höhe von 2,3 Prozent der Bemessungsgrundlage. Arbeitnehmer, die in der Schweiz wohnen und in Büsingen arbeiten, etwa in dem dortigen Hotel „Alte Rheinmühle“, können dagegen nach dem Übereinkommen von 1928 nicht zu Beiträgen zur Bundesanstalt herangezogen werden. Sind Büsinger Arbeitnehmer aber in der Schweiz beschäftigt, so zahlen sie nach der Grenzgängerbeitragsverordnung den deutschen Grenzgängerbeitrag in Höhe von 3,5 Prozent der Bemessungsgrundlage(1966-1982 doppelten Arbeitnehmerbeitrag), ohne im Falle von Arbeitslosigkeit von der Bundesanstalt für Arbeit ausreichende Hilfe erwarten zu können, eben weil Büsingen dem schweizerischen Arbeitsmarkt zugeordnet ist, die Bundesanstalt dort aber keine Arbeitsplätze vermittelt.“

Die angeführte Rechtsgrundlage, Bundesgesetzblatt 1958, Teil 1, S.304 in § 2 Abs.1 lautet: „Grenzgänger tragen die vollen Beiträge allein.“ - Die Büsinger sind in der Verordnung nicht aufgeführt, sondern der Präsident des Landesarbeitsamtes B-W, zum Beispiel, führt am 15.11.1979 an: „Da die Vorschriften über die Sozialversicherung der Arbeitnehmer im Vertrag (Büsinger Staatsvertrag) nicht erwähnt werden, muss davon ausgegangen werden, dass insoweit ausschließlich deutsches Recht gilt.“ - Siehe auch Definitionen Büsinger und Grenzgänger unten.

Durch das deutsch-schweizerische Abkommen über die Arbeitslosenversicherung vom 20.10.1982 sind die in der Schweiz beschäftigten Büsinger Arbeitnehmer ab 1.1.1984 in die schweizerische Arbeitslosenversicherung einbezogen. Herr Dr. Leder schreibt daher weiter: „Das neue Abkommen ergänzt diese Regelungen (Büsinger Staatsvertrag) auf dem Gebiet der Arbeitslosenversicherung. Personen, die zu dem genannten Personenkreis gehören (Büsinger gemäß Artikel 19 Abs.1 und Artikel 20 Abs.1 des Staatsvertrages) und unmittelbar vor Eintritt der Arbeitslosigkeit dem schweizerischen Recht unterstanden, also in der Schweiz beschäftigt waren oder bei einer Beschäftigung in Büsingen auf Grund einer Vereinbarung nach Artikel 9 des deutsch-schweizerischen Abkommens über soziale Sicherheit in Verbindung mit Artikel 5 Abs.2 des neuen Abkommens dem schweizerischen Recht unterstellt wurden, erhalten Arbeitslosenentschädigung nach schweizerischen Rechtsvorschriften, wenn sie sich der Arbeitsvermittlung des Kantonalen Arbeitsamtes Schaffhausen zur Verfügung stellen.“

 

Aus der Niederschrift über die fünfte Sitzung der Gemischten Kommission Büsingen, vom 6.Mai 1983:                  „Wegen des nur für diese Personenkreise geltenden besonderen Umstandes, dass der ständige Wohnort durch Staatsvertrag in ein fremdes Wirtschaftsgebiet einbezogen wurde, sind sie mit keinem anderen Personenkreis, insbesondere nicht mit den Grenzgängern vergleichbar.“

                        Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung schrieb am 17.August 1981: „..darf ich bemerken, dass zwischenstaatliche Übereinkommen nur in engen Grenzen über ihren Wortlaut hinaus ausgedehnt werden können.“                                   Wenn die Gesetze in der Anwendung über ihren Wortlaut hinaus ausgedehnt werden - führt dies zu den Büsinger Problemen - die Verwaltung geht von nicht bestehenden Rechtsgrundlagen zum Nachteil der Büsinger Bürger aus.